Neuanfang in Deutschland
 

Nach ihrer Ankunft im Reich wurden die Bessarabiendeutschen in rund 250 Umsiedlungslagern in Sachsen, Franken, Bayern, im Sudetenland und im damals dem Reich angeschlossenen Österreich untergebracht. Sie lebten ein bis zwei Jahre in drangvoller Enge in Schulen, Turnhallen oder Ballsälen von Gasthäusern. Die vom Status her Volksdeutschen mussten ein Einbürgerungsverfahren über sich ergehen lassen. Dazu gehörte eine gesundheitliche und rassisch-politische Untersuchung. Nur wer als gesund, rassisch wertvoll und politisch zuverlässig eingestuft wurde (94 Prozent), kam für die Ansiedlung als freier Bauer auf eigener Scholle in den von Hitler-Deutschland eroberten polnischen Ostgebieten infrage. 1941/42 wurden die Menschen im Wartheland, in Danzig-Westpreußen und in geringem Ausmaß auch im Generalgouvernement im Rahmen eines nationalsozialistischen Siedlungsprojektes neu angesiedelt. Als Entschädigung für ihr verlassenes Eigentum in Bessarabien erhielten sie Bauernhöfe. Diese hatte die deutsche Militärverwaltung beschlagnahmt und ihre polnischen Besitzer vertrieben. Als 1944/45 die russische Front näher rückte, flüchteten die Bessarabiendeutschen wie die übrige dort ansässige deutsche Bevölkerung nach Westen.

Etwa 6 Prozent der Bessarabiendeutschen wurden aus verschiedenen Gründen (gesundheitliche, rassische, politische) für eine Ansiedlung im Osten nicht für wert befunden. Sie mussten in unselbständiger Funktion (Industriearbeiter) im Alt-Reich verbleiben. Dies sollte sich am Ende des Zweiten Weltkrieges als großes Glück herausstellen, denn diesem sich gedemütigt fühlenden Personenkreis blieb die Flucht vor der Roten Armee im Winter 1945 aus dem Osten erspart.

 

Neuanfang in Deutschland

 

Integration

Die Nachkriegszeit forderte von den in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik angekommenen Bessarabiendeutschen, wie von allen Heimatvertriebenen, eine enorme Integrationsleistung. Als reines Bauernvolk kannten sie sich nur in der Landwirtschaft aus. Aber als besitzlose Flüchtlinge gelang nur den wenigsten der Neustart als selbständige Landwirte.

Die meisten orientierten sich beruflich um und wurden zum Industriearbeiter. Den Neustart erleichterte das mitgebrachte kulturelle Kapital. Das waren Charakterzüge wie Tüchtigkeit und Selbständigkeit und der Pioniergeist von Kolonisten. Ein Großteil der Volksgruppe siedelte sich in Baden-Württemberg an, von wo aus die Vorfahren einst ausgewandert waren. Wie allen Heimatvertriebenen, standen die deutschen Einheimischen auch den Bessarabiendeutschen distanziert gegenüber. Die Rückkehrer wurden wegen des Namens Bessarabien anfangs für Araber gehalten und spöttisch als Bessere Araber bezeichnet. Wegen der aus ihrer Heimat mitgebrachten, schwarzen Fellmützen nannte man sie auch Pudelmützen.




1960 errichtete die Landsmannschaft in Stuttgart das Heimathaus der Bessarabiendeutschen. Der Standort Stuttgart wurde gewählt, da seit 1954 eine Patenschaft zur Stadt bestand. Grund war auch die Herkunft der meisten Angehörigen der Volksgruppe aus dem Gebiet des heutigen Baden-Württembergs vor der Auswanderung Anfang des 19. Jahrhunderts.

 
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